Hasenzähne (Überbiss): Ursachen und Behandlung

Vorher-nachher-Foto einer jungen Frau vor und nach der Behandlung von Hasenzähnen bei Inter Dental Turkey

Vorstehende obere Schneidezähne umgangssprachlich Hasenzähne genannt sind weit verbreitet. In der Zahnmedizin spricht man häufig von einem erhöhten Overjet oder einer Klasse-II-Fehlstellung. Für viele Betroffene geht es nicht nur um die Optik: Ein ausgeprägter Überbiss kann das Kauen, Sprechen und die Zahn­gesundheitbeeinflussen und natürlich auch das Selbstbewusstsein.

In diesem Ratgeber erfahren Sie,
woher Hasenzähne kommen, welche Probleme sie verursachen können und welche modernen Behandlungsmöglichkeiten es gibt von Zahnspangen bis zu transparenten Alignern.


Was sind Hasenzähne genau?

In einer normalen Verzahnung stehen die oberen Schneidezähne nur leicht vor den unteren. Bei Hasenzähnen ragen die oberen Frontzähne deutlich weiter nach vorne:

  • Zwischen Ober- und Unterkiefer entsteht eine sichtbare horizontale Lücke

  • Im Profil wirken Zähne und manchmal auch die Oberlippe deutlich nach vorne verlagert

  • Oft sprechen Zahnärzte von einem „erhöhten Overjet“ oder einem distalen Biss (Klasse II)

Manche Menschen bemerken dies nur auf Fotos; andere stört es bei jedem Lächeln oder beim Abbeißen.


Typische Anzeichen und Beschwerden

Hasenzähne können ganz unterschiedlich stark ausgeprägt sein. Häufige Merkmale sind:

  • Deutlich vorstehende obere Schneidezähne

  • Die Lippen lassen sich nur mit Spannung vollständig schließen

  • Beim Lachen sind Zähne und Zahnfleisch stärker sichtbar

  • Frontzähne wirken empfindlich und „ungeschützt“ bei Stürzen oder Stößen

  • Probleme beim Abbeißen von Lebensmitteln (z. B. Apfel, Sandwich)

  • Gelegentliche Sprechprobleme, z. B. bei „s“- oder „z“-Lauten

  • Ein ungutes Gefühl beim Lachen oder Sprechen vor anderen Menschen

Schon ein moderater Überbiss kann im Alltag als störend empfunden werden besonders, wenn das Selbstbewusstsein darunter leidet.


Ursachen von Hasenzähnen

Selten gibt es nur einen Auslöser. In der Regel spielen Vererbung, frühe Gewohnheiten und die Kieferentwicklunggemeinsam eine Rolle.

1. Genetische Veranlagung

Bestimmte Merkmale werden vererbt:

  • Kleine oder zurückliegende Unterkiefer

  • Größere, weiter vorne liegende Oberkiefer

  • Große Zähne in einem relativ kleinen Kiefer

Wenn ein Elternteil einen ausgeprägten Überbiss hat, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass auch das Kind zu Hasenzähnen neigt. Die Form von Kiefer und Gesicht ist stark genetisch geprägt.


2. Daumenlutschen, Schnuller & andere Gewohnheiten

Frühe Kindheits­gewohnheiten haben großen Einfluss auf die Zahnstellung. Dazu gehören insbesondere:

  • Langes Daumenlutschen

  • Schnullergebrauch über das Kleinkindalter hinaus

  • Häufiges Kauen auf Stiften, Spielzeug o. Ä.

  • Zungenpressen (die Zunge wird gegen oder zwischen die Zähne geschoben)

Diese Kräfte wirken dauerhaft auf wachsende Zähne und Kiefer und können die oberen Schneidezähne nach vorne drücken.


3. Mundatmung

Kinder, die überwiegend durch den Mund atmen etwa wegen Allergien, vergrößerter Mandeln oder Polypen, entwickeln oft:

  • Eine veränderte Zungenlage

  • Ein schmales Oberkiefer

  • Eine veränderte Gesichtsform

Dies kann langfristig dazu beitragen, dass die Frontzähne nach vorne stehen und ein ausgeprägter Überbiss entsteht. Deshalb arbeiten HNO-Ärzte und Kieferorthopäden bei solchen Fällen oft zusammen.


4. Kieferfehlstellungen

Manchmal liegt das Problem weniger in der Zahnstellung als in der Position der Kieferknochen:

  • Ein zurückliegender Unterkiefer (Retrognathie)

  • Ein zu weit vorstehender Oberkiefer

Solche Anomalien nennt man skelettale Dysgnathien. In leichten Fällen sind sie mit einer Zahnspange behandelbar; bei ausgeprägten Fehlstellungen kann im Erwachsenenalter eine Kieferoperation (orthognathe Chirurgie) notwendig sein.


5. Früher oder später Milchzahnverlust

Gehen Milchzähne:

  • zu früh verloren,

  • oder bleiben zu lange im Mund,

können die bleibenden Zähne in Fehlstellung durchbrechen. Dadurch entstehen Engstände, Lücken oder eine Verlagerung der Frontzähne nach vorne. Regelmäßige Kontrollen im Kindesalter helfen, solche Entwicklungen frühzeitig zu erkennen.


Sind Hasenzähne nur ein ästhetisches Problem?

Nein. Natürlich spielt die Optik eine große Rolle für viele Betroffene ist das Lächeln der Hauptgrund für eine Behandlung. Doch ein starker Überbiss kann auch gesundheitliche Folgen haben:

  • Erhöhtes Risiko für Zahntrauma: Vorstehende Schneidezähne brechen bei Stürzen oder Unfällen leichter ab.

  • Ungleichmäßige Abnutzung: Ein falscher Biss kann bestimmte Zähne überlasten und schneller abnutzen lassen.

  • Belastung der Kiefergelenke: Eine ungünstige Verzahnung kann zu Gelenkgeräuschen, Verspannungen oder Schmerzen führen.

  • Kauprobleme: Bestimmte Lebensmittel lassen sich schlechter abbeißen oder kauen.

  • Sprechprobleme: Die Bildung einiger Laute kann erschwert sein.

  • Psychische Belastung: Viele Patient:innen fühlen sich gehemmt, vermeiden Fotos oder lachen nur mit geschlossenem Mund.

Eine Behandlung dient also nicht nur der Ästhetik, sondern auch der langfristigen Mundgesundheit.


Behandlungsmöglichkeiten bei Hasenzähnen

Die ideale Therapie hängt ab von:

  • Alter der Patientin / des Patienten

  • Ausprägung des Überbisses

  • Ursache (Zähne, Kiefer oder beides)

  • Allgemeinem Zahnstatus

Im Folgenden die wichtigsten Optionen, die eine Kieferorthopädie in Deutschland in der Regel anbietet.


1. Festsitzende Zahnspange

Die klassische Zahnspange ist nach wie vor die zuverlässigste Methode, Hasenzähne zu korrigieren.

Metallbrackets

  • Kleine Metallplättchen, die auf die Zähne geklebt werden

  • Ein Draht verbindet die Brackets und wird regelmäßig angepasst

  • Geeignet für leichte bis sehr ausgeprägte Fehlstellungen

  • Besonders bei Kindern und Jugendlichen weit verbreitet

Keramik- bzw. zahnfarbene Brackets

  • Funktionieren genauso wie Metallbrackets

  • Verwenden jedoch zahnfarbene oder transparente Brackets

  • Deutlich unauffälliger – beliebt bei Erwachsenen

Mit beiden Varianten können:

  • Vorstehende Schneidezähne nach hinten bewegt

  • Der Biss stabilisiert

  • Funktion und Ästhetik deutlich verbessert werden


2. Transparente Aligner (z. B. Invisalign® & Co.)

Aligner sind eine ästhetische Alternative zur festen Spange:

  • Herausnehmbare, durchsichtige Kunststoffschienen

  • Werden 20–22 Stunden täglich getragen und alle 1–2 Wochen gewechselt

  • Bewegen die Zähne schrittweise in die gewünschte Position

Für leichte bis mittlere Formen von Hasenzähnen können Aligner sehr gut geeignet sein, vorausgesetzt, sie werden konsequent getragen. Bei schweren Kieferfehlstellungen reicht eine Aligner-Therapie allein oft nicht aus.


3. Funktionelle Apparaturen bei Kindern

Bei Kindern und Jugendlichen in der Wachstumsphase können sogenannte funktionelle Geräte eingesetzt werden. Sie:

  • Unterstützen ein Vorwachsen des Unterkiefers

  • Lenken das Kieferwachstum in eine günstigere Position

  • Können den Überbiss deutlich reduzieren, bevor eine feste Spange nötig wird

Der ideale Zeitpunkt liegt häufig zwischen 8 und 14 Jahren, je nach individueller Entwicklung. Frühzeitige Untersuchung ist hier ein großer Vorteil.


4. Kieferchirurgie bei schweren Fällen

Wenn der Überbiss überwiegend skelettale Ursachen hat und sehr ausgeprägt ist, kann bei Erwachsenen eine Kieferoperation notwendig sein.

Der Ablauf:

  1. Kieferorthopädische Vorbehandlung mit Zahnspange oder Alignern

  2. Operative Verlagerung des Ober- und/oder Unterkiefers in eine korrekte Position

  3. Feineinstellung der Zahnstellung mit Zahnspange

So können sowohl Profil und Gesichtsästhetik als auch Bissfunktion und Kaukraft deutlich verbessert werden. Eine solche Therapie wird sorgfältig geplant und ist besonders bei großen Fehlstellungen sinnvoll.


5. Kosmetische Lösungen bei sehr milden Fällen

Bei minimalen Fehlstellungen, bei denen die Funktion kaum beeinträchtigt ist, kommen manchmal ästhetische Maßnahmen infrage:

  • Komposit-Bonding

  • Keramikveneers (Verblendschalen)

  • Kronen in Einzelfällen

Diese Verfahren verändern hauptsächlich die Form und Farbe der Zähne, aber nicht die Stellung des Kiefers. Sie sollten daher nur nach ausführlicher Beratung und in ausgewählten Situationen eingesetzt werden.


Wann ist der beste Zeitpunkt für eine Behandlung?

  • Kinder:
    Ein erster kieferorthopädischer Check wird oft im Alter von 7–8 Jahren empfohlen. So können Gewohnheiten oder Wachstums­probleme früh erkannt werden.

  • Jugendliche:
    Häufig ideal, um Hasenzähne zu korrigieren – das Wachstum kann therapeutisch genutzt werden.

  • Erwachsene:
    Eine Behandlung ist grundsätzlich in jedem Alter möglich. Je nach Ausprägung kommt eine feste Spange, Aligner oder bei schweren Fällen eine Kombination mit Kieferchirurgie infrage.

Die Frage, „Wie lange dauert das?“, lässt sich erst nach einer individuellen Untersuchung seriös beantworten.


Kann man Hasenzähne selbst zu Hause korrigieren?

Klare Antwort: Nein und jeder Versuch ist riskant.

Methoden aus dem Internet, bei denen etwa:

  • mit Gummibändern gezogen wird,

  • selbstgebastelte Schienen verwendet werden

  • oder Druck von Hand auf die Zähne ausgeübt wird,

können:

  • Zahnwurzeln schädigen

  • Zahnfleisch zurückgehen lassen

  • Zähne locker machen

  • Kiefergelenk und Biss dauerhaft stören

Zähne lassen sich nur mit kontrollierten, leichten Kräften sicher bewegen genau dafür sind professionelle kieferorthopädische Behandlungen entwickelt worden.


Wie läuft eine Behandlung in der Praxis ab?

Der genaue Ablauf hängt von der gewählten Therapie ab, orientiert sich aber meist an diesen Schritten:

  1. Beratung & Untersuchung

    • Klinischer Befund, Fotos, Röntgenaufnahmen, eventuell 3D-Scan

    • Besprechung der Wünsche und Erwartungen

  2. Behandlungsplan

    • Empfehlung (Zahnspange, Aligner, Funktionstherapie, ggf. Chirurgie)

    • Einschätzung der Dauer

    • Kostenaufklärung und eventuelle Optionen mit Zusatzversicherung

  3. Aktive Behandlung

    • Regelmäßige Kontrolltermine

    • Anpassung der Drähte oder Wechsel der Aligner

    • Leichte Spannungsgefühle nach den Terminen sind normal

  4. Retention (Stabilisierung)

    • Retainer-Schiene oder festsitzender Retainer hinter den Frontzähnen

    • Schützt das erzielte Ergebnis langfristig


Fazit: Hasenzähne sind gut behandelbar

Hasenzähne bzw. ein ausgeprägter Überbiss sind weit verbreitet – aber niemand muss dauerhaft damit leben, wenn er oder sie sich unwohl fühlt.

Dank moderner Kieferorthopädie stehen heute viele Möglichkeiten zur Verfügung:

  • klassische feste Zahnspange (Metall oder Keramik)

  • unauffällige Aligner-Schienen

  • funktionelle Apparaturen bei Kindern

  • in schweren Fällen kombinierte Behandlung mit Kieferoperation

Wer in Deutschland mit seinen vorstehenden Schneidezähnen unzufrieden ist, sollte den ersten Schritt machen und einen Beratungstermin bei einer Zahnarztpraxis oder Kieferorthopädie vereinbaren. Dort lässt sich klären, welche Behandlung am besten geeignet ist – und wie der Weg zu einem harmonischen, selbstbewussten Lächeln aussehen kann.

 

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